RÜGENHAFEN

          Eine Historie über militärischen Größenwahn der Marine

                              in den Jahren ab 1848 bis 1953

      Der Marinekanal - Durchstich in Glowe


Bereich Kanaleinlauf Ostsee

Rudimente vom Molenbau

  Einleitung


Die nachfolgend beschriebenen geschichtlichen Ereignisse stehen im Zusammenhang mit der Absicht eine Marine-Hauptbasis im Großen Jasmunder Bodden der Insel Rügen, in jeweils drei zeitgeschichtlichen und politisch bedeutsamen Perioden zu errichten.

Es ist daher eingangs wichtig zu wissen, dass für den Bau einer derart großen und umfangreichen Hafeanlage folgende Grundsätze zu berücksichtigen waren:

 

  1. Die strategische Ziel- und Aufgabenstellung der Marineverbände/-streitkräfte,
  2. Geographische Gegebenheiten/Voraussetzungen (wie Küstenform, Bodenbeschaffenheit und andere territoriale Besonderheiten), 
  3. Art und Größe/Umfang der Kampfschiffe, unter Beachtung des Gewässertiefgangs für die gefahrlose und schnelle Manövrierfähigkeit des Flottenbestandes,
  4. Umfang an erforderlichen Bauten, Hilfseinrichtungen Werften und Docks am Hafenstandort,
  5. Die Arbeits- und Lebensbedingungen für das Zivil- und Marinepersonal (Wohnungen, Kasernen, Versorgungseinrichtungen und erforderliche Sicherheitsstandarts),
  6. Verkehrsanbindungen an das Hinterland zur Gewährleistung der reibungslosen Versorgungssicherheit in Friedens-, Krisen oder Kriegszeiten,
  7. Sicherheitseinrichtung zur Abwehr- bzw. Rundum-Verteidigung der Marinebasis,
  8. Finanzierung der Baumaßnahmen unter Berücksichtigung der zukunftsorientierten Unterhaltung des gesamten Hafenareals.

 

Die jeweiligen Entwicklungsphasen der preußischen und späteren deutschen Marine ließen erkennen, daß den Militärs zwar im allgemeinen diese wichtigen Grundsätze für den Bau eines Kriegshafens  bekannt waren, doch ausschlaggebende Faktoren aus politischen Gründen gern und oft übergangen haben, falsche Maßstäbe setzten, durch Selbstüberschätzung Pläne entwickelten und nicht immer dem gesunden Menschenverstand folgten, so daß solche ungewöhnlich große militärische Vorhaben zwangsläufig zum Scheitern verurteilt waren.

Doch in allen bisherigen wichtigen, oder auch  politisch verhängnisvollen Zeitepochen, waren aus geopolitischen und strategischen Gründen deutsche Führungskräfte der Marine zu begeistern auf der Insel Rügen eine Marine-Hauptbasis für Kriegsschiffe zu errichten.

Die Insel verfügt im gesamten Ostseeraum über beste geographischen  Bedingungen, was  Bauplaner militärischer Hafenanlagen immer als besonders vorteilhaft herausstellten und im Laufe von vielen Jahren auch immer wieder zu ein und demselben Ergebnis gelangten, nämlich im Großraum  des Großen Jasmunder Boddens den sogenannten „Rügenhafen“ zu errichten.

Erstmalig geplant von Preußens Kriegsmarine zwischen 1848 – 1864, gefolgte von der Kriegsmarine des Dritten Reiches zwischen 1937-1945 und letztmalig von den Seestreitkräften der DDR/UdSSR zwischen 1950 – 1953.

Alle in den o.g. Zeitperioden begonnenen Versuche zur Umsetzung der Planvorhaben und Zielstellungen blieben unvollendet. Sie scheiterten geschichtlich betrachtet an den jeweils bestehenden politischen und militärischen Bedingungen, Widersprüchen und Ereignissen ihrer Zeit.


Die zwei oberen Abbildungen zeigen eine idyllische Küstenlandschaft. Bei aufmerksamer Betrachtung lassen sich noch sichtbare Rudimente vom Kanalbaubeginn der Jahre 1937-1945 und 1950-1953 entdecken. Davon zeugen heute noch die entlang der östlichen Steilküste von Glowe im Wasser liegenden Steine und am Wanderweg nach Glowe-Weddeort die wasserführenden Restlöcher von Kanalarbeiten vor mehr als 70 Jahren. Auch der einst zwischen 1937 und 1940 begonnene Bau des Eisenbahndamms, verlaufend zwischen Spyker- und Mittelsee (heute Bestandteil des Rügener Radwandersystems) sind noch deutlich wahrzunehmen.


Diese und andere stummen Zeitzeugen der Geschichte geben immer noch Auskunft über die Periode des begonnenen Kanaldurchstichs und in diesem Zusammenhang auch über die zum Glück unvollendet gebliebenen Landschaftseingriffe im Umfeld des ehemaligen Fischerdorfes Glowe, samt seiner Umliegerorte Ruschvitz, Balderek, Campe, Spyker, Bobbin und Polchow.


In zwei relativ kurz hintereinander folgenden Geschichtszeiträumen (vor und nach dem 2. Weltkrieg), einhergehend mit der Sanktionierung ihrer jeweilig machtausübenden Staats- und Militärführungen, wurde mit unvorvorstellbar hohem Aufwand der Versuch unternommen, im Großen Jasmunder Bodden, den Bau einer riesigen Marinebasis für den Ostseeraum zu installieren.


Die zweimal in Folge vorangetriebenen Erd -und Bauarbeiten am Tor zur Halbinsel Wittow veränderten in den bereits genannten Jasmunder Küsten - bzw. küstennahen Orten gleich zweimal in Folge die bis dahin unberührte Natur an reichlich vorhandener Flora und Fauna. Mehr noch, auch der dichte Waldgürtel der Schaabe-Nehrung im Tromper Wiek wäre durch diese Eingriffe stark in Mitleidenschaft gezogen worden und demzufolge unwiederbringlich verloren gegangen.


Glowe besitzt aber nicht nur diesbezüglich ein geschichtsträchtiges Umfeld. Jener Landschaftsteil der Halbinsel Jasmund war einstmals durch eine lange Siedlungsperiode slawischer Stammesfamilien geprägt. Zehntausende Ausgrabungsfundstücke belegen die lange Siedlungsgeschichte zwischen dem sogenannten Kap Königshörn in Glowe bis hin zur Stubnitz im Nationalpark Jasmund.


Beleuchten wir daher einmal die drei wichtigsten und einprägsamsten Phasen der einstmals an Größenwahn reichenden Bauvorhaben im Umfeld des ehemaligen Fischerdorfes Glowe und dessen Anliegerortschaften.


Der 1.Versuch von 1848-1866


Nach der ersten deutschen Revolution im Jahre 1848/1849 beschloss die Frankfurter Nationalversammlung die Gründung einer einheitlichen Reichsflotte. Nach Vorstellungen der Admiralität unter Führung von Admiral Carl-Rudolf Bromme (1804-1860) sollte die neue Seekriegsflotte einen Hauptstützpunkt auf der strategisch bedeutsamen Insel Rügen erhalten. Dort befand sich bisher noch kein Kriegshafen, sodass die Lage eines Basishafens im Großen Jasmunder Bodden als auch dessen Nähe zum damaligen Hauptfeind Dänemark voll und ganz den Zielen und Strategiekonzepten der Flottenführung entsprach.

Seekriegflagge der Reichsflotte von 1848-1852

Wegen akuter Finanznot und Uneinigkeit bei der Ausübung der Exekutivgewalt scheiterte das Vorhaben 1852 bereits nach vier Jahren. Einhergehend damit verlor auch die Kriegsflotte ihre Daseinsberechtigung und wurde aufgelöst.  Die vorgesehenen strategischen Ziele und Aufgaben konnten ohne einheitliche Führung nicht mehr erfolgsversprechend durchgesetzt und erfüllt werden.


Im Ergebnis der gemachten Erfahrungen im Schleswig-Holsteinischen Krieg (1848-1851) gegen Dänemark interessierte sich nun Preußens Admiralität unter Führung von Prinz Adalbert von Preußen für einen Basisstützpunkt ihrer Kriegsschiffe auf Insel Rügen.


 Prinz Adalbert von Preußen 1811-1873

Der Prinz von Preußen erkannte bei seinen strategisch verfolgten Zielen sehr wohl die Bedeutung der Insel Rügen, um dadurch der starken Seemacht Dänemark besser begegnen und vor allem wirkungsvoll schwächen zu können. Gleichzeitig nährte es die Hoffnung, die Vorherrschaft im baltischen und skandinavischen Raum auszubauen und zu festigen. Preußens Ziel war es außerdem, den noch von Dänemark beherrschten Handelsweg durch den Belt in die Nordsee unter Kontrolle zu bringen. Die Beherrschung der Meerenge war die Grundbedingung für den sicheren Zugang in den Atlantik bis hin nach Übersee.


Kriegsschiffe der Reichsflotte um 1849

Preußens Admirale ging es damals also nicht nur um den Schutz der preußischen Küste, sondern vielmehr um die umfassende Verteidigung des norddeutschen Seegebiets in seiner Gesamtheit.  Hierzu mußte eine starke und einheitlich operierende Flotte aufgebaut werden, mit geeigneten und geschützten Stützpunkten in der Ostsee, um damit die Vorherrschaft des Hauptfeinds Dänenmark zu brechen und  dauerhaft unter Kontrolle zu bringen.

Preußens Admiralität erteilte daher 1853 dem Geheimen Oberbaurat Dr. Gotthilf Hagen den Auftrag, eine entsprechende Studie für die preußische Marineführung zu erarbeiten.

Gotthilf Hagen 1797-1884


Aus dem später vorgelegten Gutachten ging hervor, dass für die Errichtung eines Kriegs- und Handelshafen auf der Insel Rügen die Gewässer des Großen Jasmunder Boddens wohl die besten Vorraussetzungen besitzen. Hagens Vorschlag war es, durch die Schaabe bei Juliusruh/Breege einen Durchstich zu treiben und bei Breege den Kriegs- und Handelshafen zu errichten. Der Lösungsvorteil lag auf der Hand. Von der Schaabe her und von Seiten der Halbinsel Wittow würde dem Hafen ein ausreichender Schutz vor heftigen Wetterunbilden geboten. Zur allumfassenden Versorgung der militärischen und zivilen Flottenbasis insgesamt war in der Planung sogar eine Eisenbahnanbindung zwischen Breege und Berlin vorgesehen. Grundbedingung für den Hafenausbau war aber der Durchgang mittels eines Kanals von der offenen See in das Boddengewässer. Der preußische Konteradmiral  und Befehlshaber der ersten deutschen Kriegsflotte Carl-Rudolf Bromme offerierte 1854 der Admiralität die von Gotthilf Hagen (1797-1884) entworfenen Pläne zum Kanal- und Hafenbau auf der Insel Rügen.

Carl-Rudolf Bromme 1804-1860

So bot laut Studie auch das Umfeld rings um Glowe, einschließlich Polchow und Martinshafen, interessantere Voraussetzungen für den  Hafenbau, was jedoch von der Admiralitätsführung verworfen wurde. Nach Hagens erarbeiteten Gutachten stellte sich später allerdings heraus, dass das Boddenumfeld in Breege über einen viel zu geringen Gewässertiefgang verfügte und die viel zu flach verlaufende Schaabe nur geringen Schutz vor möglichen Sturmfluten bot und damit das Hafengelände in Gefahr (Überflutung und Versandung) bringen könnte. Somit regten sich wegen der eventuell zu erwartenden Mehrkosten berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Standortlage und am erfolgreichen Gelingen des Großhafens Breege.


Das auf preußischer Seite aufgeflammte Interesse am Flottenhafen bestand jedoch auch nur für kurze Dauer, denn Schleswig und Holstein, inzwischen unter preußischer und österreichischer Verwaltung stehend, erlaubte 1866 den mit Österreich verbündeten Preußen ihre bisher in Danzig stationierte Kriegsflotte nach Kiel zu verlegen und den Standort als dauerhafte Marinebasis auszubauen. Preußen schloss in dieser Zeit mit weiteren nord- und mitteldeutschen Staaten Verträge, auch unter der Bezeichnung "Augustbündnis" bekannt. Diese waren einerseits Bündnispakte und andererseits Vorverträge und dienten als Grundlage für die Gründung des Norddeutschen Bundes. Statt 1865/1866 die Bundesflotte wieder zu aktivieren, bündelte sich später die Marine des Norddeutschen Bundes zu gemeinsamen Seestreitkräften. Daraus entwickelte sich wenige Jahre später die Marine des Deutschen Kaiserreiches.

  Kartenübersicht zeitpolitischer Perioden der Deutschen Bünde zwischen 1815 und 1866


Der 2.Versuch von 1937-1945


Die Kriegsmarine der Deutschen Wehrmacht begann bereits vor Mitte der 1930er Jahre mit den aktiven Vorbereitungen des Aufbaus einer Marine-Hauptbasis im Großen Jasmunder Bodden, gestützt auf Pläne von der ehemals preußischen Marine.

Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Raeder, überzeugte 1936 die Reichsführung vom Gesamtplan der geschützten Marinebasis „Rügen“ im westlichen Ostseeraum Pommerns.


Großadmiral Erich Raeder 1881-1980

Das militärgeprägte Vorhaben stand ganz im Einklang mit der Durchsetzung nationaler Interessen (z.B die Absicherung rüstungswichtiger Erzlieferungen aus dem skandinavischen Raum) und war außerdem unter dem Aspekt einer zu erwartenden Kriegsfallvariante zu betrachten.

Faksimile - Allgemeines Marineamt und Oberkommando der Kriegsmarine

aus den Jahren 1936/1937 mit Bezug Rügenhafen

Die bisherige Verbindung (Transitkorridor) nach Skandinavien bekam mit der am 5.Oktober 1936 erfolgten Eröffnung des Rügendamms (Eisenbahnverkehr bis Hafen Sassnitz) und mit der am 13.Mai 1937 fertig gestellten Straßenanbindung zur Insel Rügen eine noch größere Bedeutung.

Das zeigte sich später unter anderem während des gesamten Kriegsverlaufs, in dem täglich Truppentransporte über Schweden nach Norwegen - trotz eindeutigem Neutralitätsstatus Schwedens - transportsicher und mit Regelmäßigkeit aufrecht erhalten blieben.


Erste Zugankunft über den Rügendamm in Altefähr 1936

Die strategischen Überlegungen der Marineführung sahen außerdem vor, in den Banzelvitzer Bergen einen Kriegshafen für U-Boote und kleinere Sicherungsfahrzeuge zu errichten. Die Projektierungen hierfür begannen 1936/1937 unter der Leitung des Marineoberbaudirektors Linde in Verbindung mit dem als wissenschaftlicher Obergutachter beauftragten Professor Erich Wasmund (1902-1945) vom damaligen Instituts für Meeresgeologie in Kiel. 

Die Planungen zum „Rügenhafen“ im Allgemeinen konzentrierten sich auf den Hafenbau mit großem Anteil an Werftindustrie, für den zivilen und auch für den militärischen Schiffbau sowie auf die Errichtung von Basisstützpunkten für verschiedene Verbände der Kriegsmarine. Als sogenannte Standort- und Stützpunkträume wurden die territorialen Ortslagen bei Polchow, Martinshafen, Lietzow, Ralswiek und Banzelvitz bestimmt und für den notwendigen Ostseedurchstich (Kanalbau) den bis dahin noch wenig bekannten kleinen Fremdenverkehrsort Glowe, gelegen auf der Halbinsel Jasmund am Tor zur Schaabe im Tromper Wiek.   


Blick von Polchow auf die Banzelvitzer Berge


Luftbild der Banzelvitzer Berge am Großen Jasmunder Bodden

In den Banzelvitzer Bergen sollte unmittelbar nach Fertigstellung der Hafenanlagen eine Basis für drei Flottillen mit 25 U-Booten (Typ II B u. VII B) und kleine Versorgungsschiffe ihren Dienst aufnehmen. Die weitere Aufstockung um etwa 30 Schiffe war bereits für Mai/Juni 1939 geplant.  Eine weitere 1938 in Auftrag gegebene Studie sollte Klarheit bringen, ob die bereits geplanten Hafenkapazitäten später auch zur Aufnahme großer Kriegs- bzw. Schlachtschiffe ausreichen könnten.  Zur Sicherstellung der Transportsicherheit sollten bis an die jeweiligen Hafenanlagen (Werften, Trockendocks, Helgen und Molen)  Gleiskörper führen. Im boddenseitigen Kanalumfeld (Spyker- und Mittelsee) war vorausblickend für ein- und auslaufende große Kriegsschiffe der Ausbau einer Manövrierfläche ab Mindestbreite 250 m und 18 m Tiefgang vorgesehen.  Für das gesamte Hafenareal (zivil wie militärisch) waren planfolglich vorerst ca.11.000 Arbeitskräfte und für später auch der Einsatz eventueller  Kriegsgefangener vorgesehen.


Anfang 1938 begannen in Glowe, wenige 100 Meter östlich vom Steilufer des Kap Königshörn entfernt, die Bauarbeiten für die Kanaleinfahrt von der offenen Ostsee. Die ersten Aufschluss- und Bauarbeiten konzentrierten sich auf zwei mächtige Molenbefestigungen (West- und Ostmole mit Zwischenhafen für Schlepp,- Versorgungs- und Lotsenboote etc.) und den Durchstichkanal in Richtung Bodden. Die Arbeiten für den Tiefenkanal erfolgten fast zeitgleich. Die Größenordnung des zu errichtenden Kanals unterlag schwankenden Parametern. In der Breite sollte er zwischen 90-120 Meter und in der Tiefe zwischen 12-25 Meter sein.


Auch die Erschließung einer Eisenbahntrasse, von Lietzow kommend über Polchow nach Glowe, war Planbestandteil der Deutschen Kriegsmarine.  Hierfür begannen 1937/38 die Arbeiten für den Bahndamm ab Abzweig Lietzow/Borchtitz über Martinshafen-Polchow nach Glowe Weddeort (heute Radweg Glowe-Weddeort, Spyker- und Mittelseebrück,Polchow). 

Teilstück des ehemaligen Trassenverlaufs der Eisenbahnstrecke

Borchtitz-Glowe zwischen Martinshafen und Polchow

(heute Landweg nach Neuhof und Sagard)


Die hierfür erforderlichen Arbeitskräfte waren in Glowe, Bobbin und Polchow, aber auch in Sagard in Baracken oder teilweise in großen  Mannschaftszelten zwischen Spyker und Polchow untergebracht. Zwecks Koordinierung und Absicherung militärischer AufgabenstellungenIn  befand sich in Sagard ein Marinehafenbauamt (analog auch in Bergen).


Nach den Ereignissen von 1939, dem Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und der Sowjetunion, der Kriegserklärung Englands und des Blitzkriegs gegen Polen, verlor der Stützpunkt Rügenhafen vorerst seine ursprüngliche Bedeutung. Deutschland besaß nun im Ostseeraum geradezu ideale Bedingungen zur Stationierung von Marineverbänden.  Infolgedessen wurde vom Oberkommando der Kriegsmarine Anfang des Jahres 1940 die Einstellung der Baumaßnahmen auf der Insel Rügen befohlen.


Doch in Folge der 1943/1944 entstandenen Kriegslage - Eröffnung des Zweifrontenkrieges im Westen und des schnellen Vormarschs der Roten Armee im Osten sowie des offensiven Vorgehens der Alliierten Luftstreitmacht gegen Werften und Basen der Kriegsmarine, vorwiegend an den Atlantikküsten, aber auch darüber hinaus, befahl Großadmiral Dönitz 1944 die sofortige Wiederaufnahme des eingestellten Bauarbeiten am Rügenhafen, allerdings nun unter abgeänderten Gesichtspunkten, nämlich schwerpunktmäßig als Rückzugsvariante für U-Boote und zum Schutz der vielseitig noch in der Ostsee und im Atlantik operierenden Marineverbände.


Großadmiral und Hitler-Stellvertreter

Karl Dönitz 1876 -1980


Vorrang hatte nun der Neubau und die Reparaturwerften für U-Boote. Zum Schutz gegen die alliierte Luftüberlegenheit kam nun noch eine Verbunkerung der Produktionsstätten in Betracht. Dazu sollte im Jasmunder Bodden (Banzelvitzer Berge) der größte bombensichere U-Bootbunker - neben vier weiteren in Kiel, Gotenhafen Swinemünde und Bornholm - für 36 U-Boote der Typenklasse XXI sowie Liegeplätze entstehen. Im Eiltempo sollten die bunkerartigen Werftbauten für U-Boote vorangetrieben werden.



Die Arbeiten am Kanaldurchstich, nun auch teilweise durch Einsatz von Kriegsgefangenen, begannen zügig, ebenso unweit an der Kanalebene die Molenbauvorbereitungen und die Montage einer stählernen Anlege- und Verladebrücke für Torpedos und U-Boote. Doch das rasche Ende des 2. Weltkriegs ließ alles unvollendet - der Bau eines "Rügenhafens" scheiterte erneut.


Anmerkung: Im Jahre 1947 wurde das stählerne Verladebrücken-Monstrum im Auftrag der Sowjetischen Militäradministration demontiert. Dabei kam bedauerlicherweise auch ein Berufstaucher aus Stralsund ums Leben.


                   

        

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Der 3.Versuch von 1950-1953



In Übereinstimmung mit der Interessenlage der Sowjetregierung Stalins beschloss die Regierung der DDR 1950 den gemeinsamen Aufbau starker Marine-Streitkräfte im Ostseeraum als Folge der Nachkriegsentwicklung in Europa. Auf Dauer sollte, und das bereits fünf Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs, an der Nahtstelle zu den westlichen Besatzungszonen (später Nato und Warschauer Vertrag) eine politische und militärische Präsenz installiert werden, die nur ein Ziel verfolgte, die komplette Abrieglung der östlichen Ostsee vor westlichen Angriffsbestrebungen.

Luftaufnahme von 1953 mit Legende

Laut "Zeuthener Protokoll" von 1952 waren für die Volkspolizei-See der DDR 139 Kriegsschiffe (darunter 14 U-Boote) geplant. Mit weiterhin benötigten Hilfsschiffen, einschließlich Schlepper, Eisbrecher, Versorgungsschiffe usw. verfügten die maritimen Polizeikräfte zur See laut diesem Protokoll bereits damals über einen Bestand von 314 Wasserfahrzeugen.


Das Sondergroßvorhaben „Rügenhafen“ wurde integraler Bestandteil der sowjetischen Militärdoktrin und demzufolge auch des später gegründeten gesamten Warschauer Paktes. Die Erarbeitung des „Generalplans Rügenhafen“- von Anbeginn durch sowjetische Militärbauberater begleitet - begann bereits im Herbst 1949 und wurde im Frühjahr 1950 umsetzungsbereit fertig gestellt.  In diese Planungsvorbereitungen flossen zwangsläufig auch Erkenntnisse aus einstigen Bauplänen und andere Berechnungsunterlagen der ehemaligen Deutschen Kriegsmarine ein. Jene Beute-Unterlagen befanden sich in sowjetischer Hand, liegen heute in Moskau und sind gegenwärtig bis auf unbestimmte Zeit für eine Einsichtnahme nicht abrufbar.  Die Koordinierung, den Ablauf und die Sicherung des Vorhabens lag in der Verantwortung  des Innenministeriums in Berlin und eines russischen Beraterstabs mit Sitz in Sassnitz (ehemaliger Marinestützpunkt Dwasiden) sowie dem Generalauftragnehmer Bau-Union Nord Berlin mit Stützpunkten in Stralsund, Sagard und Glowe.


Auch die systematische Aufrüstung der Volkspolizei-See als Seestreitkraft (spätere NVA-Volksmarine) wurde forciert. Die DDR trat damit in die Phase einer langfristigen Militarisierung des Landes, die 40 Jahre Bestand hatte und schließlich mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 endete.   Der enorme  finanzielle, materielle und arbeitskräftemäßige Aufwand „Rügenhafen“ stand schon damals im völligen  Widerspruch zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der auf den Aufbau des Sozialismus orientierten Deutschen Demokratischen Republik. Zur Absicherung des territorialen Großvorhabens waren umfangreiche Sicherungsparameter einzuhalten und umzusetzen. Diese Aufgaben übernahm das DDR-Innenministerium in Verbindung mit sowjetischen Beratern und eingesetzten Sicherungskräften der sowjetischen Marine und der Kasernierten Volkspolizei. Eine  mittragende Rolle spielte hierbei die SED-Kreisleitung Rügen mit ihrem Sitz in Bergen. Sie verhalf dazu, dem Großvorhaben weitgehend die  erforderliche Plaungsfreiheiten einzuräumen und erarbeitete Vorlagen zur Umsetzung territorialer Maßnahmen für den Rügenhafenaufbau. Zur Schaffung von Baufreiheit und zur Sicherung der Vorhabenbereiche kam es deshalb auch in den betroffenen Ortschaften zu zwangsweise angeordneten Umsiedlungen von Einwohnern, teils mit und ohne Entschädigung der Betroffenen und ihres Eigentums an Grund und Boden, und das in Anbetracht der seit 1946 erst 4 bis 5 Jahre zurückliegenden durchgeführten Bodenreform auf der Insel Rügen. Allein aus Glowe und in den vom Hafenbau betroffenen Anliegerorten, sollten 1600 Einwohner (etwa 400 Familien) in andere Gegenden der Insel umgesiedelt werden. Etwa 172 Familien aus den Orten des Umfelds der Großbaustelle sollen innerhalb von 3 Tagen ihre Häuser räumen. Einige verließen bereits vor Ansetzung des angeordneten Umsiedlungstermins freiwillig ihre Wohnungen bzw. Wohnstätten. Die auch noch so akribisch und schnell geplante Umsiedlungsaktion wurde jedoch durch fehlenden Wohnraum auf der gesamten Insel Rügen weitgehend erschwert, um weiter Einwohner, speziell aus Glowe, zwangsumsiedeln zu können.  Glowe sollte wegen seines Standortes an im Entstehen begriffenen militärischen Einrichtungen bis auf wenige Ausnahmen komplett geräumt werden. Die verbliebenen Wohnstätten sollten dann nur noch durch Angehörige von Armee und Polizei besetzt bzw. leitenden Militärs und ihren Familien vorbehalten bleiben (Dokumente über diese unsäglichen Zwangsumsiedlungsaktionen sind in den Parteiarchiven der SED und im Militärarchiv Freiburg bislang noch nicht allumfassend zugänglich).


Die Straße zwischen Ruschvitz und Juliusruh erhielt ab 1952 militärische Kontrollstellen mit Schlagbäumen und Wachhäuschen für die kasernierte Volkspolizei. Vorkontrollstellen gab es diesbezüglich auch schon am Rügendamm und in Lietzow. Einwohner oder Durchreisende benötigten ab 1952 zum Betreten der als Sperrzone deklarierten Territorien zwischen Glowe und Juliusruh einen Passierschein bzw. benötigten eine amtlich beglaubigte Aufenthalts- oder befristete Durchreiseerlaubnis. Die Kontrollstellen waren auch noch nach Einstellung der Bauarbeiten bis Juli 1953 vorhanden. In Polchow, am letzten Wochenendgrundstück der Bungalowzeile am Boddenufer in Richtung Weddeort (gelegen am ehemaligen geplanten Bahndamm/Gleiskörper für die Ringbahn), stand einer von zahlreichen hölzernen Wachtürmen (Betonfundamente heute noch sichtbar) ausgestattet mit Scheinwerfern, von wo aus bewaffnete Wachsoldaten vom sowjetischen Marinestützpunkt Sassnitz-Dwasieden die Vor-und Außensicherung des Baustellenterritoriums überwachten bzw. unter Kontrolle hielten. Ab dem Jahr 1953 war unter anderem sicherungsmäßig vorgesehen, dass das gesamte Areal zwischen Juliusruh/Breege, und vorerst bis hin nach Bobbin, durch einem mehr als 3 Meter hohen Stacheldrahtzaun mit in regelmäßigen Abständen versehenen Wachtürmen einzufrieden. Diese Maßnahme wurde aber nicht (mehr) umgesetzt.


Mit der Muskelkraft tausender Bauarbeiter und mit Einsatz russischer Erdbewegungstechnik sowie mit Hilfe eines installierten Systems an Lorenbahnen begannen 1951/52 die Aushubarbeiten für den Kanaldurchstich.Täglich arbeiteten auf der Baustelle insgesamt bis zu 15.000 Arbeitskräfte aus allen Gegenden und Gewerken der DDR, darunter ca. 3.000 bis 4.000 eigens dafür nach Glowe verbrachte Strafgefangene, die in einem mit Stacheldraht versehenen Haftlager untergebracht waren.  Die Ortslage von Glowe verwandelte sich zwischen 1950 bis 1952 mit insgesamt 113 Holzgebäuden in eine riesige „Barackenstadt“.  Es gab die Lagerstandorte A (zwischen Ortsmitte bis Wittower Heide), Lager B (zwischen heutigem Boddenmarkt bis Rügen Radio und beidseitig der Hauptstraße reichend) und später Lager C (bei Bobbin – heute Dino-Saurierpark). Im Lager B waren die Bauleitungenen, Arbeiterunterkünfte, Sozialeinrichtungen, Arzt- und Krankenstationen, HO-Geschäfte, Gaststätten, Gewerke (z.B. Schmiedewerkstätten und Bautischlerein) und anderes mehr angesiedelt. Im Lager A (Waldsiedlung/Wittower Heide/Dünenresidenz/Dünenwaldpark) waren die Strafgefangenen und etwa 500 Wachkräfte sowie eine Hundestaffel der kasernierten Volkspolizei untergebracht. 


Der „Rügenhafen“ (oder auch „Jasmund- bzw. propagandamäßig Friedenshafen“ genannt) sollte nach mehreren Etappen um 1966 die volle Arbeitskapazität erreichen.  Die Projektanten planten daher zwischen Sagard, Neddesitz und Bobbin die sogenannte „Hafenstadt Jasmund“ für ca.100.000 und für später auch im Raum Ralswiek/Meuselvitz eine Wohnstätte für weitere 30.000 Menschen. Die Territorialplanungen enthielten bis ins Detail Angaben über die zu errichtende Infrastruktur, angefangen von Straßen- und Wegebau, Plätzen, Parkanlagen, Wohneinheiten, Versorgungseinrichtungen, Kindergärten, Schulen, Busverkehr mittels Oberleitungsbussen u.v.a. mehr. Eigens hierfür waren 1952/1953  großflächige, staatliche Bodenaufkäufe notwendig und wurden zum Teil auch schon umgesetzt wirksam.


Zur  Straßenführung über den Kanal in Glowe gab es die Lösungsvarianten  Dreh- oder Klappbrücke bzw. Tunnelbau. Letztere Variante war auch bei Glowe-Weddeort für die neue Eisenbahntrasse vorgesehen, einer sogenannte Ringbahn, ab Abzweig Saiser/Borchtitz über Polchow, Glowe, Schaabe, Juliusruh/Breege, Wiek, Trent bis hin nach Bergen, eigens für den reibungslosen Transport des erforderlichen und anzusiedelnden Beschäftigungspersonals für den Rügenhafen. Zur Absicherung eines Teils der erforderlichen Stromversorgung entstand bereits 1950/1951 ein großes Umspannwerk bei Sagard-Vorwerk (Abzweig B 96 - nach Martinshafen). Die für den Kanalaushub eingesetzten sowjetischen Schreitbagger wurde damals mit Kraftstrom betrieben. Außerdem musste die Energieversorgung der Barackenstadt Glowe und Bobbin abgesichert werden.


Karte Generalplan Rügenhafen

mit Legende über die inselweiten Vorhaben


In der am 13.Juni 1953 abgehaltenen Sondersitzung der DDR-Regierung wurde die einstimmige Beschlussfassung über die sofortige Einstellung des Großbauvorhabens „Rügenhafen“ verabschiedet, und das mit der Maßgabe, bereits ab 15.Juni 1953 mit den ersten personellen Ressort-Liquidierungen (Versetzung von Ingenieurpersonal aus den jeweiligen Baustellenleitungen) sowie in den wichtigsten territorialen Bereichen mit der Rückabwicklung und Beräumung der gesamten Großbaustelle zu beginnen. Eine Zusatzverordnung zum Regierungsbeschluss sollte die Organisierung und den Rückbau im gesamten Baustellenkomplex sowie die Rückführung bzw. die Umsetzung/Verteilung von Arbeitskräften auf andere DDR-Großbaustellen bis zum 19. August 1953 regeln.


Während der Geschehnisse um den 17.Juni 1953 blieben in den inAuflösung befindlichen Baustellenbereichen massive Arbeitsniederlegungen aus. Eine nicht konkret bekannte Anzahl von Bau-Arbeitskräften der Baustellenbereiche und Strafgefangene wurden nach einer Flugblattaktion durch Kräfte der Kasernierten Volkspolizei (KVP) getrennt und zeitweise voneinander isoliert untergebracht.   Überliefert sind loklel und verdeckt stattgefundene Protesthandlungen, wie Fahnenabrisse und das Vernichten oder Zertreten von Wandbildern des DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck und des Sowjetführers J.W.Stalin. In einem Polizeiraport Anfang Juni 1953 wurde festgehalten, dass etwa 250 Haftinsassen mit Fischerbooten bzw. mittels einer Fähre nach Schweden eine Massenflucht planten. Das Vorhaben konnte aber mangels ausreichenden Fischerbooten nicht umgesetzt werden. Über diesbeüglich stattgefundene Polizeieinsätze gibt es bis heute keine überlieferten bzw. verwertbare Hinweise. Allein die Präsenz jener auf der Großbaustelle mit Fahrzeugen kontrollierenden sowjetischen Militärangehörigen, in Verbindung mit Angehörigen der Wachmannschaften der kasernierten Volkspolizei, haben möglicherweise ernsthaftere Auseinandersetzungen verhindert.

 

Mit den Arbeiten für die Baustellenauflösung/-beräumung  und die schrittweise Rückführung von Strafgefangenen in andere Haftlager der DDR wurde erst nach den politischen Unruhen ab Mitte Juli 1953 begonnen.  Einige Strafgefangene aus dem A-Lager in Glowe wurden zum befristeten Verbleib im C-Lager bei Bobbin untergebracht und noch einige Zeit für Rückbaumaßnahmen in den Baustellenbereichen benötigt.  Die umfangreichen Materialtransporte von den territoriellen Baustellen erfolgten in alle Gegenden und Großbaustellen der DDR (Stralsund, Rostock, Wismar u.a.m.). Doch durch Entschädigungsansprüche der Glower Einwohner, Veruntreuungen, Fehlleitungen und Schiebereien, entstanden der Bau-Union Nord damals enorm hohe Kosten in Millionenhöhe. Die nun verwaisten Barackenlager mit kompletter Inventarausstattung wurden entweder abgerissen, verkauft  oder sozialen Zwecken zugeführt. Ein Teil davon wurde der Gemeinde für dringend benötigten Wohnraum überlassen. Andere Baracken wurden auf Beschluss des Ministerrats Großbetrieben zum Ausbau als Erholungsstätte für Betriebsangehörige oder als Ferienlager für Kinder und Jugendliche übereignet (A- und B-Lager). Die letzten Baracken wurde 2013/2014 im Wohngebiet "Am Süßling" und in der Wittower Heide (ehemals in Verwendung der Pädagogischen Hochschule Potsdam) in Glowe abgerissen. In Wiek, die Kaufeinrichtung EDEKA, ist eine dieser ehemaligen Baracken, die heute allerdings nach kosmetischen Umbauten noch genutzt wird. Das C-Lager bei Bobbin wurde ab 1955 von der Hauptverwaltung Grenzpolizei als Unterkunfts- und Ausbildungsobjekt genutzt und bis zur Wende von der Volksmarine (Dranske-Bug) als Reserve- und Versorgungslager verwendet.


Auch gegenwärtig, also 7 Jahrzehnte nach Beendigung des Kanalbaugeschehens, findet man vereinzelt noch einige Rudimente aus jener Zeitperiode, wie zum Beispiel das Gebäude des heutigen Glower Bau- und Freizeitmarkts. In der sich dahinter befindlichen Lagerhalle befand sich damals der Lokschuppen und Reparaturstützpunkt für dieTransportbahnen (Lorenzüge) der Baustellenbereiche. Noch heute sind im Lagerfußboden die eingebrachten Gleisschienen sichtbar. Mitten im Ferienbereich zwischen der heutigen Dünenresidenz und dem Resort Dünenwald (Wittower Heide) ist heute noch ein altes, sehr unansehliches Gebäude zu sehen (wird als privates Ferienhaus genutzt). Dieses Gebäude nutzte die Kasernierte Volkspolizei als Stützpunkt zur Versorgung des Wachhundbestands im Haftlager der Strafgefangenen (heute Dünenwaldresidenz/vormals bis 1992 Ferienlager des VEB Chemische Werke Buna). Und wer den Landweg von dort in Richtung Glowe-Weddeort nutzt, wird bei großer Aufmerksamkeit linkerhand einige langgezogene, mit Wasser gefüllte Restlöcher sehen, die alle im Zusammenhang mit dem damaligen Kanaldurchstich stehen. Bei einer Wanderung am Steilufer in Richtung Lohme gibt es eine Stelle, wo noch heute Teile des Gleiskörpers der Baustellen-Lorenbahn aus der Erde ragen, freigespült durch Meeresstürme mit hohem Wasserstand. In diesem buchtartig verlaufendenTeil, nur wenige hundert Meter vom Kap Königshörn entfernt, und wo sich eine Vielzahl großer Findlinge am bewachsenen Ufer und im Wasser befinden, war der seeseitige geplante Kanaldurchstich mit zwei riesigen Molenbauten begonnen worden.



Ausschlaggebende Aspekte für das Aufgeben des Großvorhabens "Rügenhafen"


  • Die komplizierten Wirtschaftsbedingungen in der 1949 aus der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone heraus gegründeten DDR (analog gleichjährig die Gründung der BRD in den alliierten Besatzungszonen und in Berlin/West, einhergehend mit der vorausgegangenen Währungsreform) mit ihrer bis dahin ungenügend bewältigten Aufbau,- Arbeits- und Leistungsergebnisse, die allgemeine Unzufriedenheit mit der versorgungs- und lohnpolitischen Lage unter den Werktätigen und der Bevölkerung im allgemeinen, sowie die Bestrebungen der Regierung, vorwiegend in den Industriebereichen die Akkordarbeit einzuführen (Mitauslöser für den Volksaufstand 1953).


  • Der Besuch der Inselgroßbaustelle durch ranghohe sowjetischer Militärinspektoren im zeitigen Frühjahr 1953, Stalins Tod am 05.März1953, die Generalabrechnung mit der Stalin-Ära, welche als Ergebnis und Folge zu einem neu ausgerichteten politisch-militärischen Reformkurs in der UdSSR führte, änderte auch das militär-strategische Vorgehen und Verhalten der Sowjetregierung an der sogenannten Nahtstelle zwischen Ost und West mitten durch Deutschland. Die Zukunftsfähigkeit des damals europaweit größten Militärbauvorhabens im ostdeutschen Ostseeraum hatte keine militärische Perspektive. Die Entscheidung und Entschlußfassung zur Aufgabe des Projekts "Friedens- oder Rügenhafen", mit gleichbedeutender Einstellung der Bauarbeiten auf der Insel Rügen, traf die Regierungen der UdSSR und der DDR während eines personenreduzierten Regierungstreffens Ende Mai 1953 in Moskau. In einer Sondersitzung der Regierung am 13.6.1953 verkündete der Ministerrat der DDR mit Beschlußfassung offiziell die Einstellung und Rückabwicklung der Bauarbeiten auf der Insel Rügen. 


  • Der Beginn des systemübergreifenden militärisch-atomaren Raketenzeitalters mit seinen immensen Auswirkungen auf die angestrebte und verfolgte Militärdoktrin der UdSSR (analog auch der Nato-Partner USA, Großbritanien und Frankreich) und seiner noch in der Entwicklung stehenden osteuropäischen Verbündeten (Warschauer Vertragspartner).



               Für den Aufbauzeitraum des Großprojekts "Friedens-oder Rügenhafen" zwischen 1950 und 1966  bilanzierten die                        Finanzplaner der Regierung einen geschätzten Kostenrahmen zwischen 6 und 10 Milliarden Mark in DDR-Währung.

                                  Etwa die Hälfte dieser Ausgaben hätten die militärischen Infrastrukturen verschlungen !     


 

Hier endet „vorerst“ der geschichtliche Schnelldurchlauf über den dreimaligen und jedesmal unvollendet gebliebenen „Rügenhafen“ im Großen Jasmunder Bodden der Insel Rügen.


(Autor:  Uwe Lange / Glowe  2016)


             

                        -  Die Dokumentation wird je nach neuer Erkenntnislage weiter aktualisiert -

              


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                                                                                           „Rügenhafen“

   

                                                           im Großen Jasmunder Bodden und über den begonnenen

                                   

                                                                                 „Kanalbau Ostsee-Bodden“


zwischen 1950 bis 1953 in Glowe auf der Insel Rügen werden Zeitzeugen gesucht, die am Großvorhaben beteiligt waren oder aus/von dieser Zeit noch über Aufzeichnungen und Dokumente verfügen bzw. auch Personen (z.B. Nachkommen), die von Zeitzeugen derartige Dokumente übereignet bekommen haben.


Allen Zeitzeugen oder Inhabern von Zeitzeugenunterlagen wären wir für eine Hilfestellung oder Mitwirkung bei der Aufarbeitung der Glower Geschichtsperiode (1950 bis 1953) außerordentlich dankbar.


Sollten derartige Unterlagen vorhanden sein, bitten wir Sie, je nach Freiwilligkeit, uns die Dokumente zugänglich zu machen und zeitbefristet für eine Sichtung und Auswertung zu überlassen.

                               

         Alle Unterlagen werden nach Auswertung/Sichtung wieder vollständig an den oder die  Eigentümer zurückgegeben.

                           

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                                                              Anbei eine Grafik, um welches geschichtliche Ereignis

                                                                          es sich zwischen 1950 und 1953 handelte.


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